Meine Mutter schrieb auf die Rückseite von diesem Bild: "Was sieht sie so streng aus, aber das hat Lutz wohl nötig.
Ich hatte wieder einmal nichts – außer einer Plastiktüte, ein paar Kleidungsstücken und der Gewohnheit, Türen zuzumachen, ohne mich umzudrehen. Wie so oft begann genau dort etwas Neues.
Karin sah ich das erste Mal bei einem Gartenfest am Altenbergsweg. Sie war anders. Nicht weil sie lauter war – im Gegenteil. Ihre Stille hatte Haltung. Zwischen all den zerzausten Träumern wirkte sie wie jemand, der weiß, wohin er geht. Ich wusste es nicht. Ich wusste nur, dass ich gerade nirgends hin wollte. Aber ich fragte sie trotzdem, wer sie sei. Sie antwortete höflich, dann wandte sie sich wieder ihrer Welt zu.
Ein paar Wochen später kreuzten sich unsere Wege erneut. Wieder ein Gespräch, wieder vorsichtig, fast schüchtern. Ich machte einen dieser halb ironischen Vorschläge, ein völlig anderes Leben mit mir zu führen. Wahrscheinlich meinte ich es nicht einmal ganz so leicht, wie es klang. Und vielleicht hatte sie genau deshalb nicht sofort weggelacht.
Damals war ich noch sehr geübt im Improvisieren. Ich wohnte irgendwo in einer WG, mehr geduldet als eingeladen. Ich schlug mich durch, machte Dinge mit den Händen, die keine Spuren hinterließen. Der Job am Flughafen war einer dieser Gelegenheiten, die kamen und gingen. Dort traf ich sie wieder. Früh am Morgen, auf dem Rücksitz, während der Motor noch klang wie das Leben, das ich hinter mir ließ.
Sie war die Freundin unseres Auftraggebers. Und ich? Immer noch der Typ mit der Plastiktüte und dem zu großen Herzen. Aber ich sah sie jetzt anders. Und sie mich vielleicht auch.
Eines Abends saß ich in ihrer Küche, unter fremden Leuten, in einer Atmosphäre, die mir nicht gehörte. Später, allein in ihrem Zimmer, fand ich ein Buch mit Gedichten. Ich tat, was ich oft getan hatte: Ich las, was mir fremd war, um herauszufinden, ob es zu mir gehört. Und diesmal gehörte es zu ihr.
Als sie hereinkam, redeten wir. Über Wörter. Über Dinge zwischen den Zeilen. Die Nacht endete nicht allein. Und das war neu.
Ein paar Tage später sagte sie, sie habe eine Schublade für mich freigeräumt. Es war genug. Mehr hatte ich nicht. Mehr brauchte ich nicht.
Manchmal ist der Anfang eines langen Weges nur eine geöffnete Schublade.
Manchmal sind es nicht die großen Entscheidungen, die unser Leben prägen, sondern die kleinen Umwege, die sich wie selbstverständlich einschleichen. Zum Beispiel die Idee, als Putzchef Karriere zu machen. Eine Position mit Autorität – und mit einer Uhr, die ich ständig im Blick hatte. Nicht etwa, um den Überblick zu behalten, sondern weil ich wissen wollte, wann ich endlich wieder nach Hause konnte.
Karin war inzwischen mein Zuhause. Eine Frau mit Wohnung, Job und einer gewissen inneren Stabilität. Ich brachte dafür, wie so oft, meine Plastiktüte mit. Und meinen Widerstand gegen geregelte Arbeit. Mein Bruder bemühte sich redlich, mir Brücken zu bauen. Leider war ich mehr daran interessiert, zu sehen, wie sie unter meinem Gewicht einknickten.
Die Zeitarbeitsfirma war ein Hoffnungsschimmer. Ich war mein eigener Chef – zumindest theoretisch. In einem Lagerhaus schob ich Kisten von links nach rechts und schloss ein stilles Bündnis mit dem Fahrer: eine Kiste Bier für ein bisschen Entgegenkommen. Es funktionierte. Für eine Weile. Vielleicht war ich da zum ersten Mal Teil eines Systems – oder zumindest ein akzeptierter Störfaktor mit Charme.
Dass mir die Geschäftsleitung nach drei Monaten eine Abteilungsleitung in Aussicht stellte, war fast schon ein Ritterschlag. Natürlich schaffte ich es, diesen Moment zu sabotieren, indem ich den nächsten Job nach zwei Wochen wieder hinschmiss.
So blieb ich mir treu. Ohne Arbeit, ohne Geld, mit einer gewissen Neigung zur Selbstsabotage – aber nicht ohne Hoffnung. Denn ich hatte etwas, das mich nicht verließ: die Ahnung, dass da noch etwas kommen würde. Vielleicht kein Chefposten. Aber vielleicht ein Platz.
Karin war noch da. Und ich war nicht mehr ganz verloren. Nur kurzzeitig im Kreis gegangen. Wie immer.
Eigentlich war alles geregelt: Termin beim Standesamt, Papiere, Namen. Nur eines war nicht eingeplant – dass Karin sich nicht „unterwerfen“ wollte. Jedenfalls nicht der deutschen Gesetzgebung, wenn es um die Namensführung ging. Das war vielleicht das erste Mal, dass mir auffiel: Diese Frau denkt selbst. Und sie denkt weiter, als ich es gewohnt war.
Wir heirateten trotzdem. Ich hatte, wie so oft, nichts. Kein Geld, keinen Anzug (den lieh ich mir bei ihrem Ex), keine Initiative, keine Eheringe (die kaufte sie). Es war eine dieser leisen Hochzeiten, bei denen niemand etwas sagt, weil jeder spürt, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Danach Bier am Römer, Kochen zu fünft. Eine Ehe mit einem müden Lächeln und einem Gefühl von „jetzt ist es eben so“.
Rückblickend hätte ich merken können – nein: müssen –, dass das kein Anfang war, sondern schon ein Stillstand. Aber ich war beschäftigt mit dem Überleben im System. Computeroperator bei Metro, dann bei Libri. Ich schleppte Magnetbänder wie Brote vom Fließband, stieg nachts um in neue Jobs, bekam Komplimente von Chefs und sagte Einladungen zu Verabredungen ab, die ich selbst nicht ernst gemeint hatte. Arbeit war ein Spielfeld, das ich lernte zu betreten. Aber es war nie mein Zuhause.
Karin war es – noch. Doch während ich mit wachsenden Gehältern in die Welt der Großrechner und Dienstpläne vordrang, zog sie sich zurück. Erst in eine leise Entfremdung, dann in eine tiefe Traurigkeit. Auf unserer Hochzeitsparty – im paradiesischen Garten eines großen Bauernhofs – saß sie plötzlich weit hinten im Grün, ganz allein. Als ich sie fand, sagte sie, dass ihr Leben jetzt vorbei sei. Nicht in Wut, nicht im Streit, sondern in einer resignierten Klarheit.
Ich hätte ihr sagen sollen: „Dann lassen wir das. Morgen früh. Einfach auflösen.“ Aber ich sagte es nicht. Ich war, wie so oft, zu spät.
Und so begann unsere Ehe mit einem gemeinsamen Schweigen, das lauter war als jedes Ja-Wort.
Was folgt, ist eine Geschichte von 40 Jahren – aber dieser Anfang? Der klang schon nach Abschied.
Urlaub, der keiner war – oder doch?
Die Ehe war jung, die Probleme altbekannt. Karin war unglücklich, und ich war – wie meistens – ein wenig zu spät dran mit allem. Wir planten unseren ersten gemeinsamen Urlaub. Mein Auto fiel aus. Die Beziehung auch, ein bisschen. Aber wir fuhren trotzdem. Nach Jugoslawien, mit dem Zug, mit Improvisation, mit diesem leisen Willen, doch noch irgendwas richtig zu machen.
Es war ein schöner Urlaub. Vielleicht gerade, weil nichts daran spektakulär war. Kein Touristenrummel, keine perfekten Kulissen. Nur Meer, Essen, Stille. Und wir.
Die Beziehung war nicht gelöst, aber auch nicht zerbrochen. Wir lebten zusammen – und nebeneinander. Mit Pausen, Missverständnissen, kleinen Momenten von Nähe. Und dann wieder der Alltag.
Manche Urlaube erinnern weniger an ein Aufatmen als an einen Zwischenraum – etwas, das sich gut anfühlt, ohne etwas zu lösen. Vielleicht war das unser erster richtiger gemeinsamer Moment. Vielleicht auch nur ein kurzer Atemzug, bevor der nächste Anlauf kam.
Ein Auto, das nicht fährt,
ein Urlaub, der trotzdem beginnt.
Nicht geplant, nicht bequem,
aber vielleicht gerade deshalb echt.
Ein Zug, der durch die Nacht rattert,
zwei Körper, eng verwoben
in einem Abteil,
das für kurze Zeit die Welt bedeutet.
Ein Hotel mit Blick aufs Meer,
fremde Sprache, fremde Uhren –
doch das Licht war weich
und das Schweigen verständlich.
Gemüse gegen Ladegerät,
Brot gegen Blick,
ein Lächeln, das nicht gekauft ist
und Preise, die uns beschämten.
Ein Land ohne Reklame,
eine Insel ohne Ansage.
Und plötzlich: Ruhe.
Ein Gefühl, das bleibt.
Zuhause kehrt der Alltag zurück,
leise, wie ein Schatten im Treppenhaus.
Doch etwas war anders –
nicht die Welt,
nur der Blick auf sie.
Es war eine Phase des Übergangs. Zwischen Jobwechseln, Urlaubsplänen und geplatzten Motoren zogen die Monate dahin, leise und doch voller kleiner Kollisionen. Ich war zum ersten Mal so etwas wie beruflich stabil, hatte ein festes Gehalt, ein Auto (mal mit, mal ohne Motor), und sogar Urlaube wurden geplant. Und doch war da diese Stille zwischen uns. Eine Stille, die nicht beruhigte, sondern sich wie Nebel auf alles legte.
Unsere Hochzeitsreise war eine Wanderung durch leere Räume. Schöne Momente, ja. Aber die Dunkelheit, die Karin auf unserer Feier beschrieben hatte, wich nicht. Es wurde nicht besser. Es wurde nur ruhiger. Und manchmal ist Ruhe nicht Frieden, sondern Rückzug.
Ein kaputtes Auto, eine Fahrradtour durch Holland, Kühe auf der Weide und der Lärm von Amsterdam – wir suchten Leichtigkeit, fanden aber keine Antworten. Selbst das Wiedersehen mit Karins Familie in den Niederlanden brachte keine neue Nähe, nur die Erkenntnis, dass mir selbst eine Umarmung schwerfällt. Nähe war immer schon ein fremdes Konzept. Nicht aus Mangel an Gefühl, sondern aus Mangel an Übung.
Karin war stark. Sie hatte eine Wohnung, einen Job, eine Herkunft – geboren in Amsterdam, mit Wurzeln, die weit über unsere kleine Einzimmerwohnung hinausreichten. Und irgendwann sagte sie, was unausweichlich war: Lass uns nach Holland ziehen.
Es war der Anfang von etwas Neuem. Und das Ende einer Zeit, in der ich dachte, angekommen zu sein. Was nun kam, war ein weiteres Kapitel – in einem anderen Land, mit einer anderen Sprache, aber denselben Fragen.
Tagline
Der Abschnitt beschreibt den Übergang in ein neues Leben – die Auswanderung nach Holland –, geprägt von Hoffnung, Neugier und den Härten eines Neuanfangs. Die erzählte Zeit reicht von der Entscheidung zum Umzug über die ersten Monate in Holland bis zur erneuten Übersiedlung nach Woerden. Die Struktur folgt einer linearen Chronologie mit zahlreichen Rückblicken, situativen Miniaturen und lakonischen Kommentaren.
„Nichts als Luft und Papier – Die Ankunft in einem fremden Leben“
3. Stil und Sprache
Dein Stil bleibt reflektiert und persönlich, mit einem ruhigen Rhythmus und lakonischem Unterton. Besonders auffällig ist die Reduktion auf das Wesentliche, gepaart mit einem leisen Humor – etwa wenn du von der Tomatensoße mit Spaghetti erzählst oder der Kellnerin, die von Deutschen „verflucht“ wird. Der Text oszilliert zwischen nüchternem Tatsachenbericht und pointierter Beobachtung.
4. Zeitkolorit und Gesellschaft
Der Text vermittelt eine authentische Innenansicht in die Lebenswirklichkeit von jungen, politischen oder systemkritischen Menschen um 1980. Deine Erfahrungen spiegeln die Realität vieler junger Leute, die zwischen alternativen Lebensmodellen, ökonomischem Überlebenskampf und einem entgleitenden Staat stehen. Die Selbstverständlichkeit, mit der ihr zwischen Institutionen, Jobs, Existenzängsten und Improvisation wechselt, ist Ausdruck einer Generation ohne festen Boden – aber mit eigenem moralischen Kompass.
1. Inhaltliche Zusammenfassung: Der Text beschreibt die ersten Jahre von Lutz und Karin nach ihrer Auswanderung in die Niederlande. Er beginnt mit den praktischen Herausforderungen des Umzugs: Wohnraumbeschaffung, Sprachbarrieren, bürokratische Hürden und prekäre finanzielle Verhältnisse. Im Zentrum steht das gemeinsame Ankommen in einem fremden Land. Trotz widriger Umstände gelingt es beiden, sich allmählich einzuleben. Besonders wichtig wird die gemeinnützige Organisation "Milieukompas", bei der sie ehrenamtlich tätig werden. Diese Organisation bietet nicht nur eine tägliche Aufgabe, sondern wird zu einem Ort des sozialen Engagements und der Selbstwirksamkeit. Lutz beschreibt seinen wachsenden Einfluss auf die Organisation, inklusive innerer Konflikte über die Frage von Idealismus vs. Pragmatismus.
2. Zeitliche und historische Einordnung: Der Text spielt Anfang der 1980er-Jahre, einer Phase gesellschaftlicher Umbrüche. Die Schilderung eines analogen, papierbasierten Systems, Sprachbarrieren ohne digitale Hilfsmittel und die geschilderte Möbelbeschaffung über Sperrmüll verorten die Erzählung in eine vor-digitale Welt. Auch die starke Präsenz von Selbsthilfegruppen und kollektivem Engagement passt in die politische Kultur der 1980er-Jahre in Westeuropa.
3. Stil und Ton: Der Text ist in einem lakonisch-ironischen, erzählernahen Ton geschrieben. Humorvolle Untertöne durchziehen selbst schwierige Situationen. Sprachliche Bilder (z. B. "Eiszapfen am Fenster", "Besserwisser"), Anekdoten (z. B. Missverständnis beim Käseverkauf), Selbstironie und Reflexionen über Sprache und Integration sorgen für eine vielschichtige, sehr menschliche Darstellung.
4. Thematische Schwerpunkte:
5. Figurenentwicklung: Lutz erscheint in dieser Phase als jemand, der sich von einer häufig passiven Rolle (sprachlich und organisatorisch auf Karin angewiesen) zu einer aktiven, mitgestaltenden Figur entwickelt. Er reflektiert seine Rolle kritisch und bleibt dabei selbstironisch. Karin wiederum bleibt im Hintergrund pragmatisch-handelnd und treibende Kraft.
6. Symbolik:
7. Fazit: Der Text zeigt eindrücklich, wie schwierige Lebenssituationen mit Witz, Solidarischkeit und Reflexionsfähigkeit gemeistert werden können. Es ist ein stimmungsstarkes Zeitbild, das Migrationserfahrungen auf eine ganz eigene Weise literarisch verdichtet. Die Ambivalenz zwischen politischem Idealismus und praktischer Lebensbewältigung bildet ein zentrales Spannungsfeld, das sich durchzieht. Die Geschichte wirkt authentisch und nahbar, ohne pathetisch zu werden.
Inhaltliche Zusammenfassung:
Der Text schildert die Jahre zwischen 1985 und 1987: Lutz’ Versuch, in den Niederlanden ein Studium der Kunstgeschichte zu beginnen, scheitert letztlich an sprachlichen und organisatorischen Hürden. Seine Partnerin Karin ist zunächst erfolgreicher, gibt das Studium jedoch ebenfalls auf. Es folgen Veränderungen wie ein Umzug zurück nach Amsterdam, ein wiederholter beruflicher Neustart und persönliche Herausforderungen – darunter Lutz’ ausgeprägte Flugangst. Gegen Ende reflektiert er die Zuschreibung, „kein richtiger Mann“ zu sein, und setzt sich kritisch mit traditionellen Männlichkeitsbildern auseinander.
Themen und Motive:
Stil und Erzählweise:
Interpretation:
Die beschriebenen Jahre markieren einen Wendepunkt zwischen Suchen und Aufgeben. Trotz vieler Bemühungen rückt Stabilität nicht näher. Stattdessen entstehen Fragen nach Identität, Wert, Männlichkeit und gesellschaftlicher Zugehörigkeit. Die Aussagen über dich – von außen oder aus dem Internet – geraten in Spannung mit deinem eigenen Erleben. Der Text fragt dabei nicht, was ein richtiger Mann ist, sondern zeigt, was es heißt, Mensch zu sein.
Inhalt und Thema:
Der Text beschreibt Lutz’ ersten Skiurlaub mit Karin, ihrer Schwester Nanneke, einem Ex-Freund sowie weiteren Bekannten – ein Gruppenurlaub mit komplexer Konstellation. Für Lutz ist es die erste Begegnung mit Schneeurlaub überhaupt. Der Text folgt seinem Lernprozess auf Skiern, der unerwarteten Komik, kleinen Verletzungen und dem zwischenmenschlichen Geflecht, das den Urlaub prägt. Das zentrale Thema ist das Verhältnis zwischen persönlicher Unsicherheit, Gruppendynamik, körperlicher Überforderung – und dem Wunsch, dazugehören zu wollen.
Erzählperspektive und Ton:
Der Text bleibt, wie bei Lutz gewohnt, in der Ich-Perspektive. Der Ton ist lakonisch, humorvoll und selbstironisch. Das trägt wesentlich dazu bei, dass auch die heikleren oder peinlichen Erlebnisse des Protagonisten – wie das Reißen der Jeans im Schritt – nicht dramatisch, sondern menschlich und nachvollziehbar wirken. Auch das Thema Angst (vor Stürzen, dem eigenen Ungenügen) wird mit einem milden Lächeln betrachtet.
Charakterentwicklung und Dynamik:
Lutz zeigt sich lernbereit, neugierig und offen für Neues, auch wenn ihn die Realität des Skifahrens rasch an seine Grenzen bringt. Die Umgebung – inklusive Skilehrer, Kinder, Freunde – verstärken sein Gefühl von „Fremdsein“ in dieser Welt. Aber er verliert nicht den Mut. Wichtig ist: Selbstverletzungen oder Rückschläge führen nicht zu Rückzug, sondern zu einem vorsichtigen Weitergehen. Auch die Ambivalenz zwischen Abenteuerlust (z. B. schwarze Piste) und Einsicht (lieber nicht) ist ein zentrales Motiv in Lutz’ Lebensweg.
Struktur und Dramaturgie:
Der Text ist klar gegliedert:
Die Spannung steigt mit dem Tiefschnee-Experiment und kulminiert an der schwarzen Piste, die symbolisch für einen inneren Übergang steht: Mut zur Grenze – aber auch zur Selbsterkenntnis.
Sprache und Stil:
Die Sprache ist erzählerisch direkt, mit vielen Alltagssituationen, in denen sich kleine komische Wendungen verstecken. Der Stil ist getragen vom Understatement: Lutz macht sich nie wichtig, sondern bleibt Beobachter seiner selbst, was den Text sympathisch und gleichzeitig reflexiv macht.
Symbolik:
Fazit:
Dieser Abschnitt zeigt Lutz in einem Prozess des Hineinwachsens – in eine neue Welt, in Gruppendynamik, in die Erfahrung körperlicher Grenzen. Der Text ist nicht nur ein Reisebericht, sondern eine Reflexion über das Anderssein in einem kodierten Milieu – und über das eigene Verhältnis zu Risiko, Stolz und Zugehörigkeit. Die Mischung aus Witz, Beobachtungsgabe und leiser Selbstkritik macht ihn zu einem weiteren starken Baustein im Gesamtmosaik deiner Lebensgeschichte.
Tagline
Dieser Abschnitt deines Textes verbindet persönliche Erfahrung, soziale Strukturen und individuelle Verluste auf eine kraftvolle Weise. Du schilderst mit ruhiger Klarheit, wie der Brand nicht nur ein äußeres Ereignis war, sondern auch eine innere Zäsur markierte – für dich, aber auch für Karin. Besonders eindrücklich ist die Szene mit dem Funkenflug und der verspäteten Feuerwehr, sie steht sinnbildlich für den Moment der Ohnmacht und des unkontrollierbaren Umbruchs.
Die Episode zeigt deutlich, wie du dich in Krisen pragmatisch verhältst: Statt dich lange mit Trauer aufzuhalten, ziehst du um, fährst in den Urlaub, kaufst neu ein – sogar mit dem symbolischen Akt des Walkman-Kaufs, der für eine kleine, persönliche Selbstbehauptung steht. Und dennoch schimmert unter der Oberfläche deine Trauer um die verlorene künstlerische Arbeit durch – das bleibt beim Lesen spürbar und verleiht dem Text Tiefe.
1. Inhaltliche Analyse
Themen und Motive:
Beziehungsebene:
2. Sprachliche Analyse
Erzählweise:
3. Zeitgeschichtlicher Kontext
Der Text verortet sich deutlich in der alternativen Bewegung der 1980er-Jahre:
4. Persönlichkeitsbild
Aus dem Text ergibt sich ein Bild von dir als:
Fazit:
Der Text ist mehr als eine Erinnerung – er ist ein dichtes Mosaik aus Verlust, Gemeinschaft, Selbstbehauptung und Weitergehen. Die Reflexion über den Brand wird nicht nur zur Biografie, sondern auch zur Zeitdiagnose. Was bleibt, ist nicht das, was man besitzt, sondern wie man damit umgeht, es zu verlieren.
Tagline
Die Zeit von Milieukompas ist erst einmal vorbei, aber wir wissen: "Wenn eine Tür zu geht, geht eine andere Tür auf."
Tagline
Die letzten Dinge sind noch gerettet, auch bedeutet es nicht das noch wirklich etwas übrig ist.
Tagline
Ein Neuanfang hat immer die Chance von Veränderung.
Tagline
Noch kein Jahr später fängt der Bau einer neuen Siedlung an.
Einleitung zum Theaterstück „Henk Schulz“
Dieses Stück entstand Anfang der 1980er Jahre, geschrieben in Holland, in einer Zeit politischer, gesellschaftlicher und persönlicher Umbrüche. Es wurde 1984 eine Woche lang in einem alternativen Theater aufgeführt. Die Sprache ist einfach, manchmal verschoben oder absurd – genau wie die Welt, in der sich der Protagonist wiederfindet.
„Henk Schulz“ ist ein Suchender, ein Mensch ohne Erinnerung, Orientierung oder Macht – aber mit einem Rest von Würde und der Fähigkeit, Fragen zu stellen. Das Stück bewegt sich zwischen Komik, Kritik und Kollision. Es ist kein klassisches Drama. Es verweigert Auflösung und Moral, und es lädt eher zum Nachfühlen als zum Verstehen ein.
Übersetzt aus dem Niederländischen verliert der Text vielleicht ein wenig von seinem ursprünglichen Rhythmus – aber das rohe, suchende Herz schlägt noch.
🎭 Formale Einordnung
🧍♂️ Charakteranalyse
Henk Schulz
Nebenfiguren (nur exemplarisch):
🧠 Themen & Motive
🗣 Sprache & Stil
🔍 Interpretation
Dein Stück lässt sich als Parabel auf das entfremdete Individuum in einem irrationalen System lesen. Es ist eine Mischung aus Kafkas Prozess, Ionescos Die Stühle, Dürrenmatts Physiker und Monty-Python-hafter Ironie.
Henk versucht verzweifelt, Sinn zu finden – und landet immer wieder in Situationen, die ihn zwingen, sich selbst zu befragen: Wer bin ich? Was ist „normal“? Wem kann ich trauen?
Es ist auch ein politisches Stück – ohne platte Parolen. Es zeigt, wie Systeme Menschen definieren, sie etikettieren (IBV / IBG / IBW) und benutzen. Der letzte Akt ist eine eindrückliche Studie über Entscheidungsverweigerung – ein moderner Hamlet-Moment.
💡 Inszenierungsideen
📓 Zusammenfassung
Stärken:
Schwächen / Entwicklungsfelder:
Akt 5 könnte durch Rhythmuswechsel (z. B. Wechsel zwischen Licht / Dunkelheit / Bewegung) noch dramatischer gestaltet werden.
Gerade bei einem Stück wie deinem, das mit sprachlicher Ironie, Doppeldeutigkeit und absurdem Timing arbeitet, ist die Originalsprache entscheidend. Viele Zwischentöne, kulturelle Anspielungen oder rhythmische Pointen lassen sich in der Übersetzung schlicht nicht voll übertragen. Dass du trotzdem so viel von der Atmosphäre und Aussage ins Deutsche gerettet hast, ist stark.
Absolut passend zur Zeit. 1984, ein Jahr, das durch Orwell bereits symbolisch aufgeladen war, und dann ein Stück wie deines: voller Widerspruch, Kontrolle, Bürokratie, Identitätsverwirrung, Ironie. Kein Wunder, dass es sich damals auf einer alternativen Bühne behaupten konnte.
Dass du das in so jungen Jahren geschrieben hast, spricht sehr für dein Gespür für gesellschaftliche Umbrüche und die Absurditäten der Macht. Man merkt dem Stück an, dass es aus einer lebendigen Erfahrung mit Systemen, Regeln und Widerstand stammt – nicht nur aus theoretischer Reflexion.
Lutz
Lutz.D@Lutzmythe.com
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