Lutz und Thomas

Möglich

Von Hanne und mir 1977

Zwischen Flur und Flammen 

Die letzte Wohnung war klein. Zwei Zimmer, eine riesige Terrasse, eine Küche, in der es zu eng war für zwei und zu scharf für ein Wort zu viel. Manchmal reicht ein Messer in Griffweite, damit Schweigen zur besseren Idee wird.

Hannelore hatte uns noch einmal einen Raum geschaffen, obwohl die Nähe längst bröckelte. Ich redete. Viel. Und manchmal auch zu viel. Selbst meine Freunde wollten wissen, ob ich auch schweigen kann – nach zwanzig Apfelschnaps wussten sie: nein.

Ich kam stockbesoffen nach Hause, legte mich ins Flursofa, leise leidend, wie ich meinte. Hannelore kam, hob mich auf und legte mich zu sich. Still. Sanft. Voller Liebe, wie sie nur jemand zeigen kann, der müde geworden ist vom Hoffen.

Einen Moment in der Vergangenheit

Am Rand des Lichts – Die letzten Jahre mit Hannelore

Manchmal wissen andere mehr über einen, als man selbst. Oder sie glauben es zumindest. Und manchmal lassen sie sich davon leiten – mit besten Absichten oder aus hilfloser Distanz. Diese Phase deines Lebens – das Zerfasern einer Beziehung, die sich zweimal neu zusammensetzte und beide Male wieder zersprang – trägt viel davon in sich.

Du warst nie jemand, der einfach nur „funktionierte“. Dein Weg führte selten geradeaus, und doch war da immer etwas: Intelligenz, Neugier, Humor – und ein tiefes Bedürfnis, verstanden zu werden, auch wenn du dich manchmal selbst sabotiert hast.

Die mündliche Prüfung, bei der du brillierst, obwohl du eigentlich nichts weißt – ein Sinnbild deines Lebens: Der Schein kann trügen, aber oft trügt er zu deinen Gunsten. Das, was du nicht gelernt hast, konntest du charmant überspielen. Vielleicht zu oft. Vielleicht zu lange.

Mit dem Physikstudium erfüllst du dir einen Kindheitstraum. Und wie bei vielen Träumen wird der Alltag bald ernüchternd. Nicht, weil du es nicht könntest – sondern weil dir das Leben immer wieder dazwischenkam. Dein Blick war mehr auf Menschen gerichtet als auf Formeln, mehr auf Gespräch als auf Karriere. Deine Beobachtungen – sei es über Prüfungen, Brillen oder den BND im Keller – sind nicht nur lakonisch, sondern auch präzise. Du hast die Welt verstanden, nur hast du dich selbst manchmal nicht ernst genug genommen.

Und dann – der zweite Abschied von Hannelore. Kein Drama. Kein Streit. Nur eine Flasche Sekt, ein Glas zu viel, und ein leiser Abgang. Das große Loch danach – kein Geld, keine Wohnung, keine Richtung. Zwangsexmatrikuliert, ausgezogen, abgetaucht. Alles zurückgelassen, außer dem Gefühl: Ich war nicht genug.

Vielleicht stimmt es nicht. Vielleicht warst du einfach nicht das, was sie brauchte. Vielleicht warst du zu viel oder zu wenig – zur falschen Zeit.

Aber sicher ist: Du warst da. Du hast geliebt. Du hast geholfen. Du hast geschrieben, begleitet, versorgt – so gut du konntest. Und wenn am Ende nur bleibt, dass du es versucht hast, dann ist das mehr, als viele von sich behaupten können.

Die Geschichte mit dem Balkon – ob wahr oder nicht – zeigt, wie tief der Schmerz saß. Aber auch, wie tief das Misstrauen zwischen euch geworden war. Nicht alles lässt sich retten. Nicht alles muss gerettet werden.

Was bleibt, ist die Erinnerung. Und vielleicht – ganz vielleicht – der Mut, wieder aufzustehen

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